Traumatische Schülererfahrungen oder das Skilager in verrückter Tradition
--- Alle Photos auf dieser Seite sind vom Januar 1997. Vielen Dank an Silvana für diese Bilder. ---
Schnee, rein wissenschaftlich gesehen, besteht dieser hundertprozentig aus Wasserstoff - und Sauerstoff - Molekülen, die in einem gewinkelten Bau dargestellt und von einer polaren Atombindung zusammengehalten werden. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt fällt Wasser in einen festen, beziehungsweise porösen Aggregatzustand, der als Eis, im Falle von Niederschlag, als Schnee bezeichnet wird.
Schnee im Dealer Jargon
bedeutet ein Rauschmittel (meist Kokain oder Heroin), welches
geschnupft oder gefixt dem Junkie einige wenige Stunden in einer
unwirklichen Traumwelt beschert. Im Januar der Jahre 1993-1997
jedoch stellte Schnee eine gänzlich andere Bedeutung dar,
zumindest für einige Schüler die im Osten Deutschlands, im
Bundesland Mecklenburg- Vorpommern, der Stadt Rostock, Stadtteil
Lütten-Klein, in das Gymnasium Danziger Straße/Ahorngymnasium
zur Schule gingen, zudem noch sich in der jeweils 11.Klasse
befanden. Jene hatten nämlich das ausgesprochene Glück, sich
auf eine sogenannte Studienfahrt nach Albrechtice/Tschechien
begeben zu können. In Wahrheit eine als fünftägiges Skilager
deklarierte Ausflugsreise. Diese sollte den Schülern die
Möglichkeit geben, Schnee für sich selbst neu zu definieren,
und zwar als hundertprozentigen Fun ohne eventuelle
Entzugserscheinungen. Wie gesagt sollte. Es konnte ja niemand
ahnen, daß sich diese Woche für einige Ski-Anfänger als
endlose blaue Flecken-Aktion herausstellte, von der man auch noch
total ausgehungert, sich letztendlich nur noch auf das
Abfahrtshalali freuen konnte, um nach einigem Abstand aber zu
sagen, daß es doch ganz toll war. Doch beginnen wir von vorn.
Jährlich dieselbe
Prozedur. Früh morgens der Treff zur Abfahrt umgeben von
lausiger Kälte und sich diebisch freuenden Lehrern (den Grund
dafür erfuhren die Schüler später während ihren ersten
Versuchen auf Skiern).An dieser Stelle sei auch einmal erwähnt,
daß sich das Skilager nur auf Initiative von Frau Schröder und
Herrn Seifert, sowie Unterstützung von Frau Gagalon und Frau
Kadow zu einer Tradition entwickeln konnte.Weiter im Text. Die
Busfahrt begann und schien für zahlreiche Harnblasen unendlich
zu werden. Freudig nahm man am Schluß jedoch die Nachricht des
Busfahrers auf, daß die Pipi Pension (die heißt wirklich so),
die Pension Enzian oder U Dubu erreicht waren. Angekommen, und
sämtliche Knochen ein wenig geordnet, ging es nicht etwa zur
erhofften Ruhestätte. Nein, erst wurden noch Skier besorgt. Wer
Glück hatte, bekam sogar welche die gleich lang waren. Als noch
größere Glückspilze erwiesen sich jene deren Skier auch die
richtige Größe aufwiesen. Nach dem auch diese Hürde genommen
war, mußte nur eine letzte genommen werden, um in den
wohlbehüteten dennoch aber sehr kurzen Schlaf zu kommen: das
Abendessen.
Trotz der tschechischen
Gastfreundschaft, die viele überraschte, war es den meisten
nicht vergönnt, das Essen aufnehmen zu können ohne danach
schnell die nächste Toilette aufsuchen zu müssen. Clevere unter
den Mitgereisten fanden schnell eine Pizzeria die ihnen fortan
das Abendessen servierte, dadurch zur anbetungswürdigen
Kultstätte avancierte. Ein Jahrgang schaffte es sogar, ein Dorf
weiter eine Restaurantleitung davon zu überzeugen, auch einmal
nach 20.00 Uhr Essen auszuschenken. Leider vergaßen sie unter
dies, den von Lehrern festgelegten Zapfenstreich einzuhalten, was
ein wilde Suchaktion, ein großes Palaver und einen Verweis, der
zum Selbstläufer wurde, nach sich zog. Zusammenfassend ist also
zu sagen, daß das Essen viele zu einer radikalen Cola - alles,
was man noch von der Anreise hatte - Diät zwang .
Am ersten Tag nach der
Anreise begann das Erlebnis Skifahren, für die Abfahrer auf dem
Idiotenhügel, für die Langläufer in der Loipe. Streng war das
Regime der Lehrer. Doch erste koordinierte Bewegungen auf zwei
Brettern ließen Stolz aufkommen und das Getattere der Pauker
vergessen. Somit stellte der erste Tag noch keine größere
Probleme als die übliche Erschöpfung dar. In den nächsten
Tagen war die überschwengliche Freude und das vermessene Denken,
nach einem Tag Skifahren zu können, schnell verflogen. Viele
fanden sich gleich auf dem Boden (Schnee) der Tatsachen zurück.
Für viele deprimierend! Schlimmer wurde es jedoch , wenn man
sich gerade wieder hoch gerappelt hatte und von hinten ein
anscheinend Schneeblind gewordener wahnsinniger Mitschüler auf
einen zuhielt und ihn geschwindter ins Tal zurückbeförderte,
als es eigentlich vorgesehen war. Zumindest bei den Abfahrern.
Die Langläufer konnten das Glück für sich beanspruchen, bei
Fehlern von vorausfahrenden Lehrern lauthals loslachen zu können
und anschließend weiter ungebremst auf sie zuzurasen. Es wußte
ja niemand, daß wenn der Lehrer Schneepflug brüllte er kein
Räumfahrzeug, sondern eine Technik zum Bremsen meinte. Schon
erstaunlich, wie manche Lehrer es immer wieder schafften, sich in
Sekundenschnelle in den nächst gelegenen Busch zu retten. Naß
wie ein Pudel krochen sie da wieder heraus, und die Fahrt ging
weiter.
War der Pflichtteil des Tages erst einmal hinter sich gebracht, bedeutete dies nicht gleich Schlafen gehen. Die luxuriös ausgestatteten Pensionen wiesen nicht nur ein großes Potential von verkeimten Duschkabinen und polsterlosen Betten, sondern auch ein mit allem möglichen Hi-Tech-Kram ausgestatteten Clubraum (Club NOVA).
Es gab einen
RFT-Fernseher mit Fidschi Sat Anlage, die nur eingefleischte
Erich Honecker - Fans mit Asien - Tick bedienen konnten. Davon
gab es bei Gott nicht viele. Zur weiteren Sonderaustattung
gehörten ein Schachspiel, auf dem fast alle Felder grau waren
(wer weiß, vielleicht war es ja das erste Schachspiel
überhaupt) und ein Brettspiel, dessen Spielsteine komischerweise
schon nach dem ersten Abendbrot verschwunden waren. Leider wurde
diese Spielhölle schon nach kurzer Zeit zum Raucherzimmer
umgewandelt, das fortan als Zufluchtsort aller Lokomotiven galt.
Trotz allem bleibt zu
sagen, daß das Skilager für alle Beteiligten eine tolle
Erfahrung war, an die man anhand von kitschigen Souvenirs, die
ihre Funktion als Staubfänger erfüllen, sich ständig in das
Gedächtnis rufen kann und sicherlich auch möchte. Damit möchte
ich diesen Artikel schließen, nicht aber ohne nochmals zu danken
sämtlichen dafür verantwortlichen Lehrern oder auch Begleitern,
sowie unseren tschechischen Gastgebern, und natürlich den
Schülern, die nicht ganz soviel kaputt gemacht beziehungsweise
haben mitgehen lassen, sondern dazu beigetragen haben, daß es
jährlich eine Mords - Gaudi war.