Eindrücke vom Schüleraustausch zwischen Cork und Rostock

Wie der Schüleraustausch mit Idaho, war auch der mit Cork ein unvergeßliches Erlebnis. Angefangen hatte alles im September 1993, als Frau Völcker, Fr. Wehrhahn und Fr. Raths sich nach Gastfamilien erkundigten. Damals war ich von der Vorstellung, einen Austauschschüler aufzunehmen und dann selbst Cork zu besuchen, so begeistert, daß ich nach Absprache zu Hause zusagte. Somit nahm alles seinen Lauf. In weiteren Gesprächen mit den Lehrern erfuhren wir dann näheres: 14 irische Jungs wollten Rostock kennenlernen, für zwei Wochen.

Dann kam der große Tag: Mit Blumen bewaffnet und mächtig nervös, standen wir am Freitag, dem 09.10.1993, am Rostocker Hauptbahnhof. Ziemlich durchgefroren sahen wir dann unsere irischen Gäste aussteigen. Das Wochenende nutzten viele, um bei eisigen Temperaturen Warnemünde zu besuchen.Am darauffolgenden Montag begann ein weiteres Kapitel: die Schule!!Umringt von vielen neugierigen Gesichtern und ungläubigen Blicken gaben wir Auskünfte und genossen die Popularität. Der Unterricht lockerte sich nun ein bißchen. Einige Lehrer (vor allem die Englischlehrer) versuchten ab und zu, die irischen Schüler mit einzubeziehen.Unsere Gäste empfanden die Schule als entspannt und lustig (wir sind wohl nicht ganz einer Meinung, oder??). Erfreut waren sie auch darüber, daß wir keine Schulkleidung zu tragen brauchten. (Wo kämen wir denn da hin?!). Außerdem hat es ihnen gefallen, daß wir, wie sie es nannten, eine gemixte Schule sind.
Während der zwei Wochen kam es natürlich auch zu Freundschaften zwischen den Iren und unseren Schülern, die manchmal ganz schön innig waren. So verbrachte man den letzten Abend gemeinsam am Strand. Nicht einmal die eisige Kalte konnte uns davon abhalten. Ein kleines Lagerfeuer und Musik unterstützten die Stimmung, jedoch die Tränen konnten damit nicht verhindert werden. Aber der Gedanke an ein baldiges Wiedersehen ließ den Abend nicht zu einem Trauerspiel werden.

Als sich das Abreisedatum näherte, stieg unser Reisefieber. Am 12. Februar 1994 ging’s dann los. Wir saßen im Flugzeug, in Erinnerung schwelgend und nervös, weil es für viele der erste Flug war. Nach dem Umstieg in London, kündigte sich ein Wetterwechsel an: Wir sind in Cork!! (man muß wissen: London strahlender Sonnenschein, Cork strömender Regen). Da der Flugplatz nicht gerade groß war, fanden wir ziemlich schnell und erleichtert unsere Gasteltern. Ein bißchen benommen, aber auch fasziniert von der Umgebung, kratzte ich mein Englisch zusammen, um wenigstens das nötigste zu klären. Da die Iren etwas schneller reden als mein damaliger Englischlehrer und auch kein „reines“ Englisch sprechen, kam es auch manchmal zu Mißverständnissen. Bis auf die Wochenenden waren die Tage immer voll ausgebucht. Allein die Besuche in der Schule waren ein Erlebnis, wir waren Gäste einer reinen Jungenschule!Auch besuchten wir die Hauptstadt Dublin und ein ehemaliges Frauengefängnis. Unsere Freizeit verbrachten wir oft im Coloseum. Das ist eine Art Spielhölle, wo wir z.B. Bowlen oder Billiard spielen konnten.Der Unterricht war meiner Meinung ein wenig streng angelegt. Es gibt dort noch so etwas wie: „Bitte verlassen Sie den Unterricht!“ oder „Nehmen Sie bitte den Kaugummi aus den Mund!“. Ich glaube, daß in den irischen Schulen Anstand und Benehmen so eine Art Nebenfach ist. Den Deutschunterricht fanden wir wohl immer noch am besten, dort verstand man wenigstens etwas. Einmal erhielten wir sogar eine Tanzstunde. Dabei wurde uns das größte Geheimnis Irlands offenbart - Der "Siege of Ennis", man könnte ihn auch "Ball der Pferde" nennen (so wie wir uns angestellt haben). Nach diesem Tanz folgten Germanen und Kelten ihren Stammesritualen, wobei Fr. Wehrhahn auch Bekanntschaft mit der Fliehkraft machte. Den letzten Tag nutzten viele von uns, um einkaufen zu gehen. Am Abend besuchten wir dann noch eine Disco. Die war eigentlich erst ab 21 Jahre, aber irgendwie habe ich es mit meinen fünfzehn Lenzen geschafft. So lernte ich dann auch das Leben hinter den Türen kennen. Alkohol und, wie ich glaube, auch noch andere Drogen waren selbstverständlich. Wieder einmal standen wir am nächsten Morgen am Flugplatz, um Abschied zu nehmen. Diesmal war es aber nicht so kühl, denn die Tränen konnten kaum zurückgehalten werden. Mit dem Versprechen auf ein Wiedersehen gingen wir dann zum Flugzeug.

Gesprächsthema blieb diese Reise noch lange. Wir erstellten eine Zeitung, aber mit der Zeit ging der Kontakt bei den meisten in die Brüche, obwohl wir gute Freundschaften geschlossen hatten. Aber so ist das mit dem Schreiben und dann noch in einer fremden Sprache. Aber einen großen Vorteil haben wir aus unseren Erlebnissen gezogen: wir haben nicht nur die Sprache besser kennengelernt, sondern auch Land, Leben und Sitten.