Unser letzter Schultag

Ort der Handlung Rostock Lütten - Klein Schulhof des altehrwürdigen Ahorn - Gymnasiums. Handelnde Personen, alle Lehrer der Schule, die sich zu diesem Zeitpunkt im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte zu wähnen schienen und `n paar Schüler.

Diese hatten es sich zur Aufgabe gemacht, ihre ach so geliebten Pauker vor dem Abitur noch einmal kräftig zu fordern. Die Voraussetzungen dafür waren jedoch ungünstig, weil die Hermes Wetternachrichten kühles und regnerisches Klima angedeutet hatten. Doch das sollte unsere Eleven nicht schrecken. Unter dem Thema „Antike" sammelten sie sich an diesem Montag Morgen um 5 Uhr am Ort ihrer zwölfjährigen Tragödie, um die Vorbereitungen für ihre Version der Olympischen Spiele zu treffen. Spiele, die später trotz allem den Titel der „ahornigsten Spiele aller Zeiten" erhalten sollten. Circa 60 meist in weiße Bettlaken gehüllte mehr oder wenige verrückte Krachmacher waren also in aller Herrgottsfrühe aufgestanden, um beinahe sämtliche Stühle und Tische der Gebäude zwei und drei auf den Schulhof zu bringen und sie dort auf vorher aufgezeichneten Positionen zu einem Stadion stellen zu können. Dies gelang auch in einer solch unglaublichen Geschwindigkeit, daß man bereits nach einer Stunde mit allen Vorbereitungen fertig war. Eine solch geradezu olympische Leistung schien sogar dem Wettergott aufzufallen, der es vor Freude gleich ein wenig regnen ließ.

Doch was soll man Jammern, dachten wir uns, das hört schon wieder auf. Und wirklich, nach knapp einer Stunde schienen sich die Pforten des Himmelsbeckens schließen zu wollen. Es war mittlerweile 7.30 Uhr und einige ahnten, daß dies nichts Gutes bedeuten sollte. Damit durften sie auch recht behalten, denn die Zeit war gekommen, daß ihre Peiniger der letzten Jahre ihr erstes Erscheinen am heutigen Tage hatten. Schon aus einiger Entfernung war das Hupen der Autokolonne zu hören, die das Eintreffen signalisierten. Besonderes Augenmerk richtete sich hierbei auf Frau Franz, die als einziger Lehrer selbst am Steuer ihres Cabrios saß (Frage an die Redaktion. Wie hoch ist ein Lehrergehalt?).

Aus den mit Luftballons und Abi’98 Schildern geschmückten Autos stiegen 11 Personen mit fragenden, teilweise ängstlichen Blicken, jedoch in sicherer Erwartung, daß an diesem Tage noch etwas schreckliches passieren würde. Dann kam auch Herr Schöne (an dieser Stelle sei gesagt, daß der Autor keine Anspielung auf die eben genannte Person erreichen wollte, nennen wir es Zufall). Die Pauker blieben nicht lange allein. Sofort geierten fotogeile Schüler um sie herum welche sichergehen wollten, wenigstens noch ein letztes Porträt von ihren Lehrern schießen zu können, da ihre Überlebenschancen für heute nicht allzu hoch waren. Glücklicherweise wurde durch jene Terrorpapparazzis auch der Zweck erfüllt, daß keiner der Lehrer zu flüchten vermochte.

Nach einer Weile, praktisch als die ersten 200 Filme verknipst waren, konnten die Teacher in einen Raum geführt werden, der ihnen zumindest für die nächsten 15 Minuten Ruhe versprach. Dort angekommen, erblickten sie einen Stuhlkreis. Auf jedem Stuhl befand sich ein weißes Gewand, welches jeweils ein gefärbtes Ahornblatt in Herzhöhe als Erkennungssymbol besaß. Unsere lieben Lehrer wurden nun angewiesen, diese überzustreifen. Sofort glimmte in jedem von ihnen der Keim eines echten Olympioniken auf. Bis auf Frau Eichhorn, der das Leibchen nicht gleich zu passen schien.

Ungefähr kurz vor acht erhielten die neuen Heroen des Sports eine erste spärliche Einweisung auf das, was sie erwartete. So wurde unter anderem eine Gruppeneinteilung vorgenommen, nach der die Lehrer etwas später dann einmarschieren sollten. So bildeten Frau Quendt, Frau Eichhorn, Frau Lukas und Jens „Herkules" Griebenow die Gruppe der „Alteingesessenen" (wobei hierbei nicht auf das Alter sondern die jahrelange Erfahrung angespielt wurde). Als nächstes wurden Frau Gagalon, Frau Kramer, Frau Nowak und Herr Roehl als die „Sportlich - Vitalen" (eine Bemerkung hier ist überflüssig) geeint. Die folgenden Gruppe wurde durch Herrn Pourpart, Frau Franz, Frau Raths und Juliane „The Brain" Sternberg mit die „Intelligenten" (die Gruppenbezeichnung wurde aufgrund der ausgefallenen Art des Unterrichts ausgewählt) dargestellt. Nicht vergessen dürfen wir an dieser Stelle natürlich die wichtigste aller Mannschaften, die der „Hohen Tiere und Freien Geister", welche mit Rainer „The Big Boss" Schöne, Katharina „Sorry I’m late" Schulz und Michael Andreas „I’m not here" Hindenburg würdig vertreten wurde.

Als letztes fehlte nur ein kleines Grüppchen von Persönchen, das die folgenden Spiele mit dem untrügerischen Auge von Fairneß und Gerechtigkeit beobachten sollte. Die „Jury" mit Frau „Tante" Dannat, Alrun „Shakespeare’ Sister" Seifert und Markus „The Berserker" Jaunich.

Mit dem Abschluß der Einteilung war es auch schon Zeit für den Einmarsch. Jede Gruppe für sich durfte die Wogen des Beifalls vom Publikum empfangen, bis es zurück zum Stellplatz ging. Freundlich angewiesen wurden sie dabei vom Kommentator dieser Spiele Stefan Habeck. Dieser nutzte jede sich bietende Möglichkeit, um sein Rhetorisches Können unter Beweis stellen zu können. Nach dem Aufgalopp aller Gruppen eröffnete Ober Official Robert Schulz feierlich die Spiele. Seine Rede endete mit dem hissen der Fahne. Nun war es fast an der Zeit mit dem Beginn der Spiele. Kurz wurde noch zu einem Tänzchen gebeten, an dem sich nach einigen Zögern doch fast alle Lehrer beteiligten. Nach einer erneuten Gruppeneinteilung wurde endlich gespielt. Schon bei diesem ersten Spiel, dem Wasserspiel, stellte sich heraus, daß Herr Roehl den Inhalt des vorher geschwörten olympischen Eides offenbar schon wieder vergessen hatte. Er wurde wegen Betruges disqualifiziert. Ein Zustand, welcher sich im folgenden Spielverlauf für den bekannten Mathe und Physik Lehrer noch öfter einstellen sollte. Beispielsweise beim Rollerrennen gegen Daniel Dittert, als er wegen des Abweichens von der Rennstrecke ebenfalls rausflog.

Es gab aber noch andere Besonderheiten, die sich beim ersten Spiel heraus stellten. So gestand zum Beispiel Kunstlehrerin Frau Franz, farbenblind zu sein, als sie partout nicht verstehen konnte, daß sie den durchlöcherten Wasserbecher mit Wasser im roten Eimer füllen sollte um ihn im gelben zu leeren. Die arme Frau war so verwirrt dadurch, daß sie dabei sogar einmal stürzte.

Weiterhin fiel im Verlaufe auf, das Frau Raths es, wie im Unterricht, nicht gelang, die Schüler mit einem Witz von den Sitzen zu reißen und dafür hoffnungslos ausgebuht wurde. Oder, daß Frau Gagalon große Schwierigkeiten hat, bei einem Rollstuhl vorwärts und rückwärts zu unterscheiden (hoffentlich geht das beim Auto fahren besser). Daß Herr Schöne keinen Pudding, gefärbt durch Lebensmittelfarbe, mag. Daß Frau Kramer blind gar nicht mehr aufhört zu gehen, weil sie dann völlig die Orientierung verliert. Daß Frau Nowak die erste Frau der Geschichte des Sports war, die eine Negativweite beim Teebeutelweitwurf gelang. Jegliche Nachahmer werden an dieser Stelle nicht erwähnt. Und nicht zu vergessen, daß Frau Eichhorn die Stimmungskanone der Schule ist, da sie es erreichte, 100 Schüler zur gemeinschaftlichen Polonaise zu animieren.

An dieser Stelle sei erwähnt, daß unsere Olympischen Spiele genauso jäh beendet wurden wie eben meine Aufzählung. Der Grund dafür lag in der Luft. Es war einfach zu kalt. Trotzdem muß ich an dieser Stelle noch einmal ein großes Lob an alle Lehrer und Mitschüler aus den Neunten und Zehnten Klassen richten, die es gut zweieinhalb Stunden auf dem Schulhof aushielten und unsere teilweise unfairen Spielchen nicht krumm nahmen.

So möchte ich den Artikel schließen mit den Danksagungen an all jene Personen, welche diesen unseren letzten Schultag erst ermöglichten: das ahnungslose Lehrerkollektiv, die hilfsbereiten Hausmeister und Hausmeisterrinnen, die Lehrerchauffeure, die Kuchenbäcker, die Schulgestalter, die Schulhoffeger, die DJ’s, alle die die bloß herumstanden Kuchen aßen und Stimmung machten, die Schildträger und natürlich das unantastbare Organisation-Komitee.