MISSION: IMPOSSIBLE oder Unser glorreicher Chemie - Leistungskurs

Es begab sich im Frühjahr 1996, da hatte ein Ahörnchen namens Sandra die Nase voll von der schlaffen Ausbildung an unserer Schule. Auf der Suche nach Gefahr, Spannung und Ruhm entwickelte sie die fixe Idee, sich für den ersten und einzigen Chemie - Leistungskurs an unserer Bildungsstätte einzusetzen. Trotz aller Bedenken der um die Sicherheit ihrer „Mäuschen" und „Männä" bangende Frau Kadow, fanden sich weitere elf junge Menschen, die todesmutig dem Unterricht entgegenfieberten.

Die Vorbereitungen der Schüler auf den Eintritt in die neue Spezialeinheit des Ahorn - Gyms waren sehr individuell. Der eine schulte seine Reflexe, um besonders schnell Explosionen ausweichen zu können, andere lernten die Telefonnummer des Notarztes auswendig und wieder andere wollten ganz sicher gehen und traten gleich in alle Weltreligionen ein, falls sie diese zwei Jahre doch andauernde Ausbildung nicht überleben sollten.

Am ersten Schultag erfuhren sie dann auch, wen man als Ausbilder erhalten sollte. Alle waren froh zu hören, daß man auf die langjährige Erfahrung von Frau Quendt zurückgreifen konnte. Sie gab nicht nur ihr Wissen weiter, sondern wendete allerhand Psycho - Tricks an, wie z.B. auf eine Frage drei total unterschiedliche Antworten zu geben, bzw. Reaktionsgläser durch die Luft zu werfen, um die körperlichen und geistigen Fähigkeiten ihrer Schüler zu verbessern. Das war auch dringend nötig, sie ahnte in ihrer unendlichen Weitsicht wohl schon, welch schreckliches Schicksal ihre Schützlinge ereilen würde. Bis zu den Sommerferien hatte sich die Gruppe noch einmal um ein Drittel verkleinert, da einige „psychisch schwache" den Abwerbungsversuchen von Bundeswehr, Polizei und Erasmus-Gymnasium nicht standhalten konnten.

Im zweiten Jahr geschah das unfaßbare, die zu chemischen Kampfmaschinen gereiften Ahörnchen wurden direkt unter den Befehl ihrer königlichen Majestät Rainer I. gestellt. Nun begann der blanke Horror...
Jeden Tag waren mündliche Leistungskontrollen angesetzt, bei denen man mit der hohen Wahrscheinlichkeit von 12,5 % nach vorne „durfte". Eine andere Masche seinen Untergebenen geistig zu formen bzw. sie nahe des Suizids zu bringen war, sich auf die erste Bank zu setzen, die Prüfungsordnung herunterzubeten und dabei sein beliebtes Brillenkarussell durchzuführen. Ihr Leben war nicht mehr sicher. Um sie vor Eingriffen von draußen zu schützen, vergab man Decknamen. Das „Daniell-Element" war einer davon. Diese Person, wegen ihres unsagbaren Wissens bekannt, versuchte bei jedem Praktikum die Gesetze der Schwerkraft aufs neue zu beweisen. Für die Wissenschaft mußte aber das eine oder andere Reagenzglas mit sauren, basischen oder toxischen Inhalt daran glauben. Dabei wurde keine Rücksicht auf die Mitschüler genommen. Ähnlich verhielt es sich auch bei ihrem Ausbilder, bei dem Sätze, wie „Das muß jetzt aber funktionieren!" , „In der Pause ging das aber noch, Markus hat’s gesehen!" und „Sandra, wollen Sie nicht ein bißchen gelbes Blutlaugensalz [GIFTIG!] lutschen?" , zu Weltruhm gelangten. Oft wurden die Königstreuen aber auch unatmenbaren Gerüchen ausgesetzt, so z.B. einer riesigen Ammoniakwolke, die nicht nur da war, um alle Fledermäuse aus dem Schulgebäude zu verjagen, sondern auch die Schüler sanft einzuschläfern und damit abzuhärten. Ein weiteres Novum des Kurses waren die Rechenkünste ihres Lehrers, auf die man nicht nur fünf Stunden wöchentlich im Ma-LK zurückgreifen konnte, sondern nun auch im Chemieunterricht. Da wurde auch schon mal der Schwerpunkt eines Hybrid-Orbitals oder der pH-Wert von Coke und Pepsi berechnet. Nicht selten kam es vor, daß die Ergebnisvorschläge von Lehrer und Schüler, Schüler und Schüler, aber auch von Lehrer und Lösungsbuch deutlich voneinander abwichen. In selten Fällen, wo man zu keiner Lösung kam, wurde das Scheitern mit dem Satz „Unser Mathe-Lehrer hat uns das nicht richtig beigebracht!" begründet.

Also, falls Ihr mal eine Frage in bezug auf Chemie habt, wendet Euch auf keinen Fall an die meist entstellt aussehenden Schüler, denn nun wißt ihr, welche Qualen sie durchlitten haben.